Werk im Fokus

Fernand Léger
(1881– 1955)

La Danseuse, 1929
Öl auf Leinwand
92 × 73 cm
Sign. und dat. u. r.: F.LEGER. 29
Inv.-Nr.: P10T
Erworben 2001

Der Kritiker Louis Vauxcelles charakterisierte Légers Arbeiten in einer 1911 geschriebenen Rezension des Salon d’Automne als «tubistisch». Er erfasste mit dieser Wortschöpfung einen durchaus wesentlichen Unterschied zur kubistischen Gegenstandsauffassung, die Einfluss auf Légers künstlerische Ideen hatte und ihnen doch nicht eigentlich entsprach. Tatsächlich stellt sich der in Flächen und «Pläne» zerlegte Bildgegenstand des analytischen Kubismus bei ihm von Anfang an als tendenziell zylindrisch und vollplastisch dar, ungeachtet flächig facettierter Details. Die «tubistische» Formvorstellung übertrug Léger grundsätzlich auf all seine der klassischen Themenpalette entnommenen Sujets, darunter auch auf die Darstellung des menschlichen Körpers. Léger erfuhr die Technisierung und Mechanisierung des modernen Lebens zugleich als Faszination und Bedrohung. Der Mensch beherrschte gigantische Maschinen und war doch in deren Getriebe selbst nur mehr eine Maschine, deren einzelne Glieder den Gesetzen der Mechanik gehorchten. Der Erste Weltkrieg verschärfte diese Erfahrung durch die zerstörerische Gewalt der Kriegsmaschinerie. Gleichwohl stand Léger den Errungenschaften der Technik und Mechanik weiterhin aufgeschlossen gegenüber, betrachtete er sie doch auch als Zeugen des humanen Fortschritts. Mit dieser Position vertrug sich auch ein ent-individualisiertes, aus der Idee der Gleichheit geborenes Menschenbild, das sich problemlos mit «tubistischen» Formvorstellungen in Übereinstimmung bringen ließ. Der Frau als Einzelfigur begegnen wir im W erk Légers schon 1912/13. Im Verlauf der zwanziger Jahre tritt eine zunehmende Vereinfachung der Formenvielfalt ein. In archaischer Blockhaftigkeit stellt Léger nun die menschliche Figur, einzeln oder paarweise, vor einfarbige Bildhintergründe, wie auch im Gemälde La danseuse von 1929. Der in lebhaften Schattierungen, mit Weiß und Gelb malerisch durchmischte grüne Grund, vor dem sich die Halbfigur der Tänzerin plastisch abhebt, erzeugt den Eindruck lichter Natur. Durch Ocker und Weiß sind die Glieder des Körpers klar gegeneinander unterschieden. In großen Wellen, einer Wasserkaskade gleich, fällt das schwarze Haar über Schulter und Rücken. Ein blauweiß gestreiftes Tuch, zum Grün und Ocker einen schönen Kontrast bildend, bedeckt den Unterkörper der ansonsten unbekleideten Frau. Während ihre Rechte in dieses Tuch greift, liegt ihre Linke auf der Stirn. Der Kopf ist seitlich nach hinten geneigt, das Gesicht ernst, doch unpersönlich, wie in teilnahmsloser Betrachtung eines Gegenstandes verloren. Man stellt sich die Figur eher sitzend als stehend, kaum aber tanzend vor. In ihr hat Léger zweifellos Vorlagen von Picasso verarbeitet, wie ein Blick auf dessen bereits 1919/20 geschaffene Zeichnung der Drei Tänzerinnen (Musée Picasso, Paris, Zervos XXIX, 432) zeigt, deren üppige Gliedmaßen den eingenommenen Ballettposen eine schwerfällige Note verleihen. Vor allem ihre Kopf- und Armhaltungen fordern zum direkten Vergleich mit Légers Figur auf. Picasso selbst wiederum ließ sich für Posen dieser Art unter anderem von Werbefotografien der «Ballets Russes» anregen.

La danseuse könnte auch Buste de femme betitelt sein, wie jene 1931 entstandene Bleistiftzeichnung, in welcher Léger die gleiche Figur vor die Ecke eines Innenraumes platziert hat. Aus der im Gemälde entblößten linken Brust scheint hier ein Apfel geworden zu sein, welchen die Frau in ihrer rechten Hand hält – beide Varianten gleichsam als Symbol verführerischer Weiblichkeit. Das eigentliche Thema des Gemäldes aber ist wohl die plastische Gegenwart des menschlichen Körpers als bildnerische Synthese aus Linie, Form und Farbe.

Ausstellung

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